Zweite Jahreskonferenz der MSI-TN
Die Multi-Stakeholder-Initiative Tamil Nadu (MSI-TN) macht Fortschritte – das wurde bei der zweiten internationalen Jahreskonferenz deutlich. Rund 140 Teilnehmende kamen am 06. Februar 2020 zur Konferenz nach Coimbatore, die von der Bündnisinitiative Tamil Nadu unterstützt wurde.
Die Trainings und Dialogformate der MSI-TN werden von den lokalen und internationalen Interessenvertreter*innen angenommen und geschätzt. Im Vergleich zur ersten Jahreskonferenz vor einem Jahr zeigte sich, dass das Vertrauen gewachsen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten routinierter geworden sind.
Die Bündnisinitiative verfolgt langfristig systemische Verbesserungen der Arbeitsbedingungen insbesondere von jungen Frauen in der Textil- und Bekleidungsindustrie Tamil Nadus mit besonderem Fokus auf Spinnereien. HUGO BOSS, KiK, Otto Group, Tchibo, FEMNET, das BMZ, TransFair und Brands Fashion engagieren sich gemeinsam vor Ort.
Vertreter*innen der Bündnisinitiative reisten aus Deutschland und Bangladesch zur Konferenz. Die Delegation traf unterschiedliche Akteure der südindischen Textilindustrie, besuchte zwei Spinnereien und tauschte sich bei der Konferenz direkt mit lokalen Partner*innen aus.
Zur Delegation gehörten Gisela Burckhardt (FEMNET), Rapha Breyer & Claudia Brück (TransFair), Patric Hehemann (BMZ), Hossain Manzoor Kashfin (KiK), Felix Rauer (Otto Group), Rabea Schafrick (Brands Fashion) begleitet vom Bündnissekretariat.
Dem Ziel der MSI-TN entsprechend, durch Zusammenarbeit gemeinsam nachhaltig zu wachsen, lautete das Thema der zweiten Jahreskonferenz „Partnering for Sustainable Growth“. Gleich zu Beginn betonte Mr. Aloysius, Convener der MSI-TN: „Wandel ist möglich und findet statt.“
In Coimbatore kamen alle Stakeholder zum Dialog zusammen: Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft – insbesondere der zahlreichen Spinnereien in Tamil Nadu – sowie Mitarbeiter*innen von NGOs, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden und (inter)nationalen Organisationen. Sie alle schilderten ihre Perspektiven auf und ihre Erwartungen an Multi-Stakeholder-Partnerschaften.
Mr. Narayanasamy, General Manager der Armstrong Spinning Mills, sagte über seine Motivation an der Konferenz teilzunehmen: „Mit Armstrong haben wir uns schon sehr früh auf den Weg zu nachhaltigen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gemacht. Dennoch lernen wir immer weiter dazu. Ich bin heute hier zur Konferenz gekommen, um zu hören, was wir noch tun können.“
Zudem würdigte Dr. K. Venkatachalam, Chief Advisor der Tamil Nadu Spinning Mills Association (TASMA) die Veranstalter: „Die MSI-TN macht wunderbare Arbeit. […] Ich wünsche ihr, dass sie weiter wächst und noch mehr Leute erreicht.“
Am Nachmittag standen die jährlichen Aktionspläne der MSI-TN in den vier Produktionsdistrikten Erode, Tirupur, Dindigul und Coimbatore im Mittelpunkt. Zentral waren dabei diese Themen:
- Prävention und Abhilfe bei Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz
- Bessere Wohnbedingungen in den Fabrikunterkünften für Frauen
- Soziale Sicherheit und staatliche Leistungen für Arbeiter*innen
- Arbeitsrechte zur Förderungen nachhaltigen Wachstums
Nachdem Vertreter*innen von internationalen Organisationen, Gewerkschaften, NGOs und des Steuerungskreises der MSI-TN die Aktionspläne kommentiert hatten, sammelten sich die Konferenzteilnehmenden in vier Arbeitsgruppen, um die Aktionspläne für ihren Distrikt zu diskutieren und zu schärfen.
Vonseiten der Bündnisinitiativen-Mitglieder nutzten Patric Hehemann, Felix Rauer, Hossain Manzoor Kashfin und Gisela Burckhardt die Konferenz, um aktuelle Entwicklungen in Deutschland und die Zusammenarbeit mit der MSI-TN zu präsentieren. Rauer betonte, angesichts von Klimawandel, einem exzessiven Ressourcenverbrauch und teils inhumanen Arbeitsbedingungen sei Zusammenarbeit das, „was wir brauchen, um gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Durch Zusammenarbeit können wir diese Initiative [MSI-TN] mit ihren Dialogen und Trainings auf eine andere Ebene bringen.“
Neben der Konferenz standen für die Delegation auch Treffen mit politischen Akteuren auf dem Programm. Die deutsche Generalkonsulin in Tamil Nadu Karin Stoll empfing die Delegation in ihrem Büro in Chennai. Sie unterstützt die Bündnisinitiative mit ihren Kontakten zur indischen Regierung, um die MSI-TN zu etablieren und bei der Umsetzung zu unterstützen.
Am Nachmittag begleitete die Generalkonsulin die Bündnisdelegation zu Meetings mit Regierungsvertreter*innen des Bundesstaats Tamil Nadu. Der Staatssekretär des „Labour and Employment Department“ Shri. Thiru Md. Nasimuddin thematisierte vor allem die sozialen und ökologischen Herausforderungen im Textilsektor in Tamil Nadu.
Positiv sei etwa, dass Inspektionen in Fabriken immer häufiger ohne Vorankündigung durchgeführt würden.
Einigkeit bestand auf deutscher und indischer Seite dahingehend, dass es für Unternehmen und Textilfabriken kein Wettbewerbsvorteil sein dürfe, Sorgfaltspflichten und Menschenrechte zu umgehen: „Non-Compliance muss teurer sein als Compliance.“
Nach einem Treffen mit dem „Ministry of Handlooms, Handicrafts, Textiles and Khadi Department“ traf die Delegation Tmt S. Madhumathi, Staatsekretärin des „Social Welfare and Nutricious Meal Programme Department“. Ihr Department setzt sich im Textilbereich insbesondere für den Schutz und die Entwicklung von Frauen und Mädchen ein, fördert die adäquate Unterbringung von Arbeiter*innen in Fabrikunterkünften und hat beispielsweise ein Hilfe-Telefon eingerichtet.
Madhumathi zeigte spürbaren Veränderungswillen und Lösungsansätze für all diese Themen. Die Arbeitsbedingungen würden kontinuierlich geprüft und Verstöße geahndet. Die Situation habe sich bereits verbessert und es gebe beispielsweise mehr Workers Commitees und Frauen in leitenden Positionen. Es sei dennoch prioritär, Arbeiter*innen weiterhin über ihre Rechte zu informieren und die Unterbringung in fabrikeigenen Hostels zu verbessern.
Die MSI-TN ist der lokale Umsetzungspartner der Bündnisinitiative Tamil Nadu. Die Mitarbeiter*innen der MSI-TN hießen die Delegation am zweiten Tag der Reise herzlich in ihrem Büro in Tirupur willkommen. Sie berichteten über die Arbeit und die Fortschritte der Austauschformate und der Fabriktrainings.
So konnten bereits über 40 Treffen auf Distrikt-/State-Level durchgeführt werden, um über Arbeitsschutz und Sozialstandards zu sprechen und Action Pläne zu erarbeiten. Daneben werden in über 180 Fabriken Trainings durchgeführt, bei denen über 15.000 Arbeiter*innen über ihre Rechte aufgeklärt und interne Beschwerdekomitees aufgebaut werden.
Am Nachmittag ging es für die Delegation in zwei Spinnereien, in denen die Nichtregierungsorganisation Social Awareness and Voluntary Education (SAVE) Trainings anbietet und Schlichtungs- und Beschwerdekomitees bildet und unterstützt.
Die deutschen und internationalen Gäste konnten sich direkt mit einem Beschwerdekomitee über dessen Arbeit austauschen und sich davon überzeugen, dass die Frauen ihre Rolle in diesem Gremium verinnerlicht haben und ihre Funktion wahrnehmen.