Sektorrisiken

Arbeitszeiten

Über das Sektorrisiko

Die International Labour Organization (ILO) legt fest: Eine Standard-Arbeitswoche in der Industrie sollte in der Regel nicht mehr als 48 Stunden betragen, verteilt auf sechs Arbeitstage, ohne Überstunden. Einschließlich Überstunden sollten die Arbeiter*innen nicht mehr als 60 Stunden in einem Zeitraum von sieben Tagen arbeiten müssen. Exzessive Überstunden sind in der gesamten Wertschöpfungskette der Bekleidungs- und Schuhwarenbranche jedoch gängig. In der OECD Sektorhandreichung (S. 131) heißt es dazu:

„Bei zahlreichen Unternehmen, die in der Bekleidungs- und Schuhwarenlieferkette tätig sind, ist das Risiko für unverhältnismäßig viele Überstunden in der Fertigung der Bekleidung und Schuhwaren am höchsten. Auch wenn in einigen Ländern ein höheres Risiko als in anderen besteht, sind massive Überstunden in den meisten Beschaffungsländern verbreitet. Unverhältnismäßig viele Überstunden sind u. U. dort zu verzeichnen, wo ein hoher Anteil an Wanderarbeitern in der Branche beschäftigt ist, jedoch sollte dieser Indikator nicht alleine herangezogen werden, um Hochrisikobedingungen zu ermitteln.“

OECD (2020), OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie, OECD Publishing, Paris, (Modul 4: Arbeitszeit S. 133ff.)  

Die Fair Wear Foundation hat die Arbeitszeit in Bangladesch mit einer Studie untersucht. Ein Ergebnis: Zwischen 2012 und 2015 wurden in 97 Prozent der 36 untersuchten Bekleidungsfabriken übermäßige Überstunden festgestellt Zwei zusätzliche Stunden pro Tag und 60-Stunden-Wochen waren üblich. Auch die Studie „Working hours in the global garment industry” (2016) von der ILO weist auf eine Reihe von unterschiedlichen Grenzwerten (und deren Überschreitung) für normale Arbeitszeiten, Überstunden und Überstundenzuschläge sowie unterschiedliche Jahresurlaube und Feiertage hin.

Welche Lösungen gibt es, um die Arbeitszeiten zu regulieren?

Kollektivverhandlungen und Tarifverträge sind ein Instrument, um gute Arbeitsbedingungen zu erzielen. Auch Einkaufspraktiken sind ein wichtiger Hebel für Fortschritte in Richtung guter Arbeitsbedingungen und existenzsichernder Löhne. Daher sollten Unternehmen nur mit solchen Zulieferern und Fabriken zusammenarbeiten, die sich zur Einhaltung der empfohlenen Arbeitszeiten verpflichten. In den Verträgen sollten Unternehmen zum Beispiel festschreiben, dass Überstunden freiwillig sind und zu einem erhöhten Satz entlohnt werden. Und schließlich sollten sie sich für branchenweit höhere Löhne engagieren, damit die Arbeiter*innen in normalen, regulären Arbeitszeiten einen existenzsichernden Lohn verdienen.

Soziale Bündnisziele und -standards

Das Textilbündnis hat soziale Bündnisziele formuliert, die alle Mitglieder durch den Beitritt ins Bündnis anerkennen. Diese Ziele orientieren sich an internationalen Sozialstandards, insbesondere an den ILO-Übereinkommen, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen. In Bezug auf Arbeitszeiten lautet das Ziel wie folgt:

„Unternehmen halten sich an Arbeitszeiten, die nationalen Gesetzen oder anwendbaren Kollektivverträgen entsprechen. Dabei streben die Unternehmen den größtmöglichen Schutz für Gesundheit, Sicherheit und Wohlergehen der Arbeitnehmer an. Eine Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche (Überstunden nicht eingerechnet) darf, mit Ausnahme der von der ILO festgelegten Ausnahmeregelungen, nicht überschritten werden. Bei Akkordlohnzahlung muss ein Produktionssoll zugrunde gelegt werden, der die Einhaltung der zuvor genannten Arbeitszeiten gewährleistet. 

Überstunden dürfen nicht auf regelmäßiger Basis geleistet werden, wobei eine Gesamtarbeitszeit von 60 Stunden pro Woche nicht überschritten werden darf.

Es müssen hinreichend Pausenzeiträume im betrieblichen Ablauf gewährleistet sein. Unternehmen respektieren außerdem das Recht aller Beschäftigten auf mindestens einen arbeitsfreien Tag nach 6 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen sowie das Recht auf öffentliche und/oder religiöse Feiertage und Urlaub. Unternehmen achten das Recht der Beschäftigten, das Betriebsgelände nach Ende der regulären Arbeitszeit verlassen zu können.“

Wie bearbeitet das Textilbündnis das Sektorrisiko?

Arbeitszeiten zählen zu den elf Sektorrisiken, die von den Bündnisunternehmen im Review-Prozess in den Blick genommen werden. Basierend auf der Analyse und Priorisierung des Risikos definieren Unternehmen Ziele und Maßnahmen, um ihre schwerwiegendsten Risiken anzugehen.

Einkaufspraktiken wurden bereits als ein wichtiges Instrument genannt. Sie spielen auch in der Arbeit des Textilbündnisses eine wichtige Rolle:

Darüber hinaus kooperiert das Textilbündnis mit der Initiative Action Collaboration Transformation (ACT), um existenzsichernde Löhne und Tarifverträge in der Textil- und Bekleidungsindustrie voranzutreiben.