Sektorrisiken

Chemikalieneinsatz und Abwasser

In der globalen Textilproduktion werden häufig Chemikalien eingesetzt, die Risiken für die Arbeiter*innen, die Umwelt und die Textilkonsument*innen mit sich bringen.
Grafik: Chemikalien in Reagenzgläsern
Materialien und Tools zum Chemikalienmanagement

Alle Tools und Materialien zum Thema Chemikalien- und Umweltmanagement finden Sie in dieser Übersicht:

Auf dem Weg zu einem guten Chemikalienmanagement

Auf globaler Policy-Ebene findet sich etwa der strategische Ansatz zu internationalem Chemikalienmanagement (kurz: SAICM, Strategic Approach to International Chemicals Management). SAICM befasst sich mit den branchenübergreifenden Herausforderungen eines internationalen Chemikalienmanagements. Um welche Herausforderungen es sich dabei konkret handelt, sehen Sie zusammengefasst im diesem Video:

Spezifische Produktionsschritte sind äußerst wasserintensiv und benötigen eine fachgerechte Aufbereitung des Abwassers. Insbesondere Chemikalien, die in Nassveredelungs-Prozessen eingesetzt werden, tragen zur Belastung der Abwässer bei. Die oft unzureichende Abwasseraufbereitung beeinträchtigt die Wasserqualität in der Produktionsregion und beeinflusst damit lokale Ökosysteme wie Trinkwasserreserven und Ackerland.

Ein gutes Chemikalienmanagement in der Textilproduktion, ist daher notwendig, um die Nachhaltigkeit der Textilindustrie zu unterstützen. Das langfristige Ziel ist die schrittweise Reduktion und Substitution gefährlicher Chemikalien im Produktionsprozess. Nur so können Arbeiter*innen, Konsument*innen und Umwelt vor den Auswirkungen der chemikalienintensiven Textilproduktion geschützt werden.

Um die internationale Harmonisierung im Bereich Chemikalienmanagement zu fördern, ist das Textilbündnis 2017 dem Chemicals in Products Programme (CiP) beigetreten. Das CiP wird von SAICM koordiniert.

Im Textilbündnis beschäftigte sich die Bündnisinitiative Chemikalien- und Umweltmanagement (abgelaufen) mit der Thematik des guten Chemikalienmanagements.

Verantwortungsvolles Chemikalienmanagement

Textilien durchlaufen auf dem Weg vom Rohmaterial bis zum Endprodukt zahlreiche Produktionsschritte. In diesen Schritten werden sie mit Chemikalien ausgerüstet, um die gewünschten Farben und Produkteigenschaften zu erzielen. Die eingesetzten Substanzen werden zum Teil als „gefährlich“ bezeichnet. Insbesondere in Nassprozessen – wie dem Färben, Bleichen und anderen Veredelungen – werden große Mengen Chemikalien eingesetzt. Sie stellen damit einen Risiko-Hotspot dar. Gutes Chemikalienmanagement konzentriert sich daher auf drei zentrale Ziele:

–    Chemikalien in der Produktion sollen möglichst sicher verwendet und gelagert werden.

–    Gefährliche Chemikalien sollen nach Möglichkeit ersetzt werden.

–    Entstehendes Abwasser und andere Abfallprodukte sollen sachgemäß entsorgt werden.

Gutes Chemikalienmanagement in Nassprozessen fördert hierzu drei wesentliche Maßnahmen: nachhaltiges Inputmanagement, gute Betriebsführung und adäquate Abwasserbehandlung.

Einen allgemeinen Überblick zum Thema Chemikalienmanagement in der Textilproduktion bieten folgende Materialien:

Inventarisieren von Chemikalien

Für ein wirksames Chemikalienmanagement benötigt die Produktionsstätte einen Überblick über die eingesetzten Chemikalien und ihre Eigenschaften. Eine Bestandsaufnahme der im Betrieb genutzten und gelagerten Chemikalien ist notwendig, um

–    nachzuverfolgen, welche Chemikalien verwendet werden,

–    Gefahrenbeurteilungen durchführen zu können, 

–    unnötigen Lagerbeständen vorzubeugen,

–    Mitarbeiter*innen und gegebenenfalls Einsatzkräften Informationen über die Gefahren liefern zu können.

Das Inventarisieren von Chemikalien ist daher der erste, fundamentale Schritt, um ein gutes Chemikalienmanagement zu etablieren.

Um das Erstellen von Chemikalieninventaren zu erleichtern, hat das Bündnis für nachhaltige Textilien eine mit ZDHC abgestimmte Inventarvorlage entwickelt. Diese Vorlage sowie weitere Informationen zum Erstellen eines Chemikalieninventars finden Sie hier:

Chemikalienverbotslisten

Zur Substitution gefährlicher Chemikalien nutzen Textilproduzenten zwei gängige Formate von Verbotslisten, um gefährliche Substanzen oder Stoffgruppen auszuschließen: eine Ausschlussliste für das Inputmanagement und eine finale Ausschlussliste zur Qualitätskontrolle des Endproduktes.

Die Manufacturing Restricted Substances List (MRSL) listet Chemikalien auf, deren Einsatz im Produktionsprozess auf festgelegte Dosierungen beschränkt oder die komplett verboten sind. Die Restricted Substances List (RSL) bezieht sich hingegen nur auf das Endprodukt und listet Substanzen oder Stoffgruppen, die im Endprodukt ausschließlich noch eingeschränkt oder gar nicht nachweisbar sein dürfen. Beide Listen, die MRSL und die RSL, sind einzuhalten, um die Belastung durch den Chemikalieneinsatz beziehungsweise die Chemikalienrückstände zu reduzieren.

Die Mitglieder des Bündnisses für nachhaltige Textilien haben sich geeinigt, die MRSL der Initiative zur Eliminierung gefährlicher Chemikalien „Zero Discharge of Hazardous Chemicals“ (ZDHC) zu übernehmen. Das heißt: Die Mitglieder nutzen die ZDHC MRSL oder eine darüber hinaus gehende eigene MRSL und verpflichten sich damit, mehr als 160 problematische Chemikalien in der Textilproduktion schrittweise durch unbedenkliche Substanzen zu ersetzen. Die ZDHC MRSL harmonisiert die Anforderungen an Produzenten, was es ihnen erleichtert, ein einheitliches Chemikalien-Inputmanagement zu betreiben.

Im Bereich der RSL ist die internationale Harmonisierung unübersichtlicher. Viele Unternehmen arbeiten mit eigenen Restricted Substances-Listen. Diese orientieren sich an den nationalen und unternehmenseigenen Vorgaben, die von Zulieferern eingehalten werden müssen. Auch hier wird eine stärkere Harmonisierung angestrebt, etwa durch die Nutzung der AFIRM (the Apparel & Footwear International RSL Management Working Group) RSL, welcher sich bereits viele Brands angeschlossen haben.

Weitere Informationen zu den beiden Listen finden Sie hier:

Good Housekeeping

Eine ordnungsgemäße Betriebsführung, auch Good Housekeeping genannt, ist ein weiterer wichtiger Baustein von gutem Chemikalienmanagement. Good Housekeeping bezeichnet eine Reihe empfohlener Praktiken, welche negative Einflüsse auf Umwelt und Menschen minimieren. Darüber hinaus können durch eine verbesserte Ressourceneffizienz Kosten gespart werden.

Good-Housekeeping-Practices berücksichtigen unter anderem:

–    angemessene Wartungs- und Reinigungspraktiken,

–    Maßnahmen zur Vermeidung von Leckagen,

–    Vermeidung der Einleitung unbehandelter Abwässer,

–    Überwachung kritischer Prozessparameter,

–    Reduktion und Erfassung unvermeidbarer Abfälle und gasförmiger Emissionen,

–    ordnungsgemäße Lagerung und ordnungsgemäßer Umgang mit wassergefährdenden Stoffen,

–    Maßnahmen zu Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Energieeffizienz.

Abwassermanagement

Mit 80 bis 120 Litern Wasserverbrauch pro Kilo Textilgewebe verbraucht die Textilindustrie mit am meisten Wasser im Vergleich zu anderen Branchen. Dies verschärft die Wasserknappheit in vielen wasserarmen Produktionsregionen, zumal die Abwässer häufig durch Chemikalien verunreinigt sind. Abwasseraufbereitung sowie ordnungsgemäße Entsorgung von Klärschlamm sind daher unabdingbar. Ein gutes Abwassermanagement beginnt mit der Vermeidung gefährlichen Chemikalieninputs. Insofern greifen alle Ansatzpunkte eines guten Chemikalienmanagements ineinander.

Die tatsächliche Belastung des Abwassers durch Chemikalien hängt von mehreren Faktoren ab; vom textilen Substrat (z.B. Baumwolle, Polyester, Viskose, Polyamid etc.), der Aufmachungsart (Gewebe, Maschenware, Garn, Flocke, fertig konfektionierte Textilien), den angewandten Prozess-Sequenzen (Vorbehandlungs-, Färbe-, Druck- und Ausrüstungsverfahren) und den dafür eingesetzten chemischen Stoffen (z.B. Art der applizierten Farbstoffe). Die Wassereffizienz des Betriebes beeinflusst ebenfalls die Chemikalienkonzentrationen im Abwasser. Abgestimmt auf all diese Faktoren muss das Abwasser aufbereitet werden, um weder Mensch noch Umwelt zu schaden.

Abwasser- und Klärschlammanalysen sind Instrumente, um ein sachgemäßes Abwassermanagement nachzuweisen und sicherzustellen. Werden die Grenzwerte der jeweils geltenden MRSL überschritten, müssen die Gründe dafür festgestellt werden. Das Bündnis für nachhaltige Textilien hat sich auf ein Abwasser-Template verständigt, das die Einordnung der Abwasser-Analysewerte und eine transparente Dokumentation ermöglicht.

Weitere Materialien zum Thema Abwasser finden Sie hier:

Trainingsmaterialien

Das Chemikalienmanagement in Nassprozessen zu verbessern und zu etablieren, ist eine komplexe Aufgabe. Das Textilbündnis hat daher zwei frei verfügbare Trainingsangebote zum Chemikalienmanagement in Nassprozessen entwickelt sowie weitere frei verfügbare Trainingsmaterialien zusammengetragen.

Diese Trainingsmaterialien finden Sie hier:

Buchempfehlung: Guidebook Wet Processing (Solidaridad)

Der Leitfaden befasst sich mit den Herausforderungen und Folgen von Wasserverschmutzung und dem Gebrauch von Chemikalien, Wasser und Energie. Das Guidebook bietet eine Einführung in textile Nassprozesse, einen Überblick über das Chemikalienmanagement sowie eine Auflistung relevanter Guidelines, Tools und Initiativen. Es betrachtet die verschiedenen Bereiche, in denen die Umweltauswirkungen in der gesamten Wertschöpfungskette eines Kleidungsstücks angegangen werden können; vom Anbau oder der Produktion von Fasern, über Spinn- und Webprozesse, Nassprozesse wie Färben und Waschen, Zuschnitt und Veredelung bis hin zur Pflege des Kleidungsstücks durch Verbraucher*innen. Download

Buchempfehlung: Detoxing the Fashion Industry for Dummies

Bild Buch Detoxing the Fashion IndustryDas Handbuch von ZDHC-Direktor Frank Michel vereinfacht komplexe Realitäten und bietet wertvolle Einblicke, wie man Maßnahmen ergreifen und bereits bewährte Innovationen umsetzen kann, um den Wandel zu beschleunigen.

Es gibt großen und kleinen Modemarken die Möglichkeit, die für die Entgiftung ihrer Lieferketten erforderlichen Einsichten und Informationen zu erhalten. Und um Leser*innen in die Lage zu versetzen, Greenwashing von Stonewashing zu unterscheiden, wenn es um ihre Textilauswahl geht.

Als Leitfaden für diese nachhaltige Moderevolution in der Chemie ist es vollgepackt mit Details darüber, wie die Bekleidungsproduktion funktioniert, was in den Prozess einfließt, wie er sich auf die Umwelt auswirken kann und welche konkreten Maßnahmen von Marken ergriffen werden, um dieses Problem zu lösen.

Zum Download: https://www.roadmaptozero.com/dummy-book