Sektorrisiken

Klimaschutz und Treibhausgas-Emissionen

Über das Sektorrisiko

Mit 1,2 Milliarden Tonnen verursacht die Produktion von Textilien laut Ellen MacArthur Foundation rund 10 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes pro Jahr – und damit mehr als alle internationalen Flüge und der gesamte Schiffsverkehr zusammen. Große Mengen klimaschädlicher Gase entfallen auf den Anbau und die Gewinnung von Ressourcen, ihre Verarbeitung und den Transport innerhalb der komplexen und oft weltweit verzweigten Lieferkette.

Die OECD Sektorhandreichung erklärt, die „Messung von Treibhausgasemissionen ist ein entscheidender erster Schritt zur strategischen Senkung der CO2-Bilanz in den Unternehmensaktivitäten. Sie hilft einem Unternehmen bei der Bewertung seines Klimaeffekts, wie der Aufdeckung unbekannter Emissionsfaktoren und bei der Erstellung kosteneffektiver Pläne zur Emissionsreduktion.“ Unternehmen können ihre Treibhausgas-Emissionen auf verschiedenen Ebenen messen: In der unmittelbaren eigenen Geschäftstätigkeit, in der Lieferkette und am Produkt.

Eigene Geschäftstätigkeiten

Unternehmen sind gehalten, dafür zu sorgen, die THG-Emissionen, die durch ihre eigenen Geschäftstätigkeiten entstehen, zu messen. Dazu gehören die direkt in die Atmosphäre abgegebenen Emissionen (d. h. direkte Emissionen) – als Folge der eigenen Aktivitäten bzw. der Aktivitäten, die der Kontrolle des Unternehmens unterliegen – , und der Verbrauch des Unternehmens von Strom, Wärme, Dampf und Kühlung (d. h. energiebedingte indirekte Emissionen).

Lieferkette

Unternehmen können ihre Emissionsauswirkungen über die gesamte Lieferkette hinweg messen, damit sie ihre Anstrengungen auf die größten THG-Reduktionsmöglichkeiten konzentrieren können. Dies führt zu nachhaltigeren Entscheidungen hinsichtlich der Aktivitäten des Unternehmens und der von ihm beschafften, verkauften und gefertigten Produkte.

Produkt

Unternehmen können die mit einem bestimmten Produkt verbundenen THG-Emissionen und -Minderungen messen. Die THG-Analyse von Produktlebenszyklen erlaubt einem Unternehmen fundierte Entscheidungen zur Senkung von THG-Emissionen bei den von ihm entworfenen, hergestellten, verkauften, beschafften oder verwendeten Produkten.

Unternehmen sollten sich für eine Methode der Datenerhebung entscheiden und diese kontinuierlich nutzen, um Daten über den Zeitverlauf auswerten zu können. Wenn die Tools gewechselt werden, können Daten verloren gehen und die Vergleichbarkeit einschränken.

Bereits die Faserauswahl und ein auf Langlebigkeit ausgelegtes Produktdesign können Emissionen maßgeblich senken. Unternehmen können Emissionen reduzieren, indem sie zum Beispiel Prozesse der Textilveredelung, Transport und Verpackung optimieren.

Wie bearbeitet das Textilbündnis das Sektorrisiko?

Treibhausgas-Emissionen zählen zu den elf Sektorrisiken, die von den Bündnisunternehmen im Review-Prozess in den Blick genommen werden. Die Bündnisunternehmen sind angehalten ihre Treibhausgas Emissionen zu bilanzieren, sich ambitionierte Ziele mit konkreten Meilensteinen und einem festen Zeitplan zu setzen und entsprechende Maßnahmen zum Klimaschutz umzusetzen.

Das Bündnis für nachhaltige Textilien gehört seit 2018 als Supporting Organisation der Fashion Industry Charter for Climate Action an. Seit 2021 dient die Charta im Textilbündnis als Referenzrahmen für die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen. Sie ist Teil der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC). Ziel ist es, den CO₂-Ausstoß entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette schrittweise zu reduzieren. Auf diese Weise soll bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden, um den Klimawandel auf maximal 1,5°C zu beschränken. Unternehmen, Lieferanten und weitere Akteure der Textil- und Modeindustrie sollen Maßnahmen umsetzen, um dieses Ziel zu erreichen. Sie können sich dabei am Handbuch zum Klimaschutz (Climate Action Playbook) orientieren.

Zusätzlich hat das Textilbündnismitglied Umweltbundesamt (UBA) im Oktober 2021 die Studie “KLEIDER mit HAKEN” veröffentlicht. Darin untersucht das UBA die globale Umwelt-Inanspruchnahme unseres Konsums an Bekleidung. Die Studie zeigt die Emissionen von Treibhausgasgasen und Luftschadstoffen auf, die bei der Herstellung unserer Kleidung entstehen.
Ein Schwerpunkt ist der Wasserverbrauch in trockenen Regionen für die Rohstoffe und die Produktion von Textilien. Darüber hinaus wird der Einsatz von Chemikalien in der Verarbeitung veranschaulicht, ebenso der Lebensweg von Textilien nach deren Gebrauch.

Seit Oktober 2020 arbeitet eine Expert*innen-Gruppe (EG) im Textilbündnis zum Thema Klimaschutz. Sie möchte Best Practices zur Minimierung von Klimarisiken in allen Teilen der Lieferkette weiterentwickeln und bereitstellen. Die rund 20 Mitglieder der EG diskutieren auch Lösungen, um Klimaauswirkungen besser messen und bilanzieren zu können. Zudem erarbeitet die EG Informations- und Unterstützungsmaterialien, um den Mitgliedern die Bearbeitung der individuellen Klimarisiken zu erleichtern. Außerdem sollen gemeinsame Aktivitäten auf den Weg gebracht werden.

Auswirkungen des Klimawandels auf Lieferketten 

Unter anderem weil Treibhausgas-Emissionen (nicht nur, aber auch aus der Textilindustrie) den Klimawandel weiter befeuern, sind dessen erste Auswirkungen bereits zu spüren und erfordern Anpassungsmaßnahmen. Akute und chronische Risiken des Klimawandels betreffen globale Lieferketten je nach Region unterschiedlich. Dazu gehören zum Beispiel starke Stürme oder längere Hitzewellen. Solche Klimaereignisse gefährden Arbeiter*innen teilweise direkt. Sie können aber auch Produktionsmittel zerstören und dazu führen, dass Lieferketten zeitweise unterbrochen werden. Dies hat entsprechende Folgen für die Menschen vor Ort und für die einkaufenden Unternehmen.  

Eine gute Analyse der möglichen Klimarisiken entlang der Lieferkette gewinnt daher immer mehr an Bedeutung für Textilunternehmen. Auch wenn eine Minderung des Klimawandels durch geringere Treibhausgas-Emissionen das vorrangige Ziel bleibt, muss auf bereits reale Auswirkungen reagiert werden. Für Unternehmen können der Klimacheck-Leitfaden und das dazugehörige Klimacheck-Tool des Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) oder die von der GIZ entwickelten Climate Expert Tools einen Einstieg bieten. Für eine detaillierte Betrachtung helfen Organisationen und Unternehmen die Leitfäden der TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures).  

Weiterführende Informationen

UN Fashion Charter – Handbuch zum Klimaschutz

Das in Kooperation mit der UN Fashion Charter erstellte Playbook for Climate Action (eng.)/Handbuch zum Klimaschutz (dt.) übersetzt die Ziele und Anforderungen der Fashion Charter in praxisnahe Beispiele und Handlungsoptionen. Es entlastet vor allem kleinere und mittlere Unternehmen bei der CO2-Bilanzierung und der Planung entsprechender Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen.

Decarbonising Fashion

Das Milestone-Document ist eine Darstellung bekannter Dekarbonisierungsziele, Umsetzungsinitiativen und Berichtsanalysen, die zusammengestellt wurden, um den Übergang der Modeindustrie zu Netto-Null-Emissionen zu unterstützen. Ziele: 1) Abstimmung über kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen und Meilensteine erreichen, 2) einen ganzheitlichen Überblick über Dekarbonisierungsmaßnahmen und Meilensteinverfolgung geben und 3) die Zusammenarbeit und Lösungsfindung zwischen den Akteuren erleichtern, um Lücken zu schließen.

Greenhouse Gas Protocol

Das GHG Protocol ist ein anerkannter globaler Standard, um Treibhausgas-Emissionen besser zu messen und zu managen. Die Organisation bietet verschiedene Tools und Onlinekurse zur Treibhausgas-Bilanzierung an, insbesondere in Scope 3. Darüber hinaus fördert es die THG-Rechenschaftslegung und -Berichterstattung sowie deren Umsetzung und bildet eine Grundlage für weitere Initiativen.

Science Based Targets

Die NGO Science Based Targets unterstützt Unternehmen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Maßgebend ist dabei das Pariser Klimaabkommen zur Beschränkung des Klimawandels auf unter 2°C. Der Apparel and Footwear Sector Guide (Leitfaden für den Kleidungs- und Schuhsektor) leitet Unternehmen im Textil- und Ledersektor an, wie sie sich Ziele zur Emissionsreduktion entlang der Lieferkette in Scopes 1-3 setzten können. Die Kriterien richten sich dabei nach dem GHG-Protocol.

UBA-Studie „KLEIDER mit HAKEN“

Die Studie “KLEIDER mit HAKEN” des Umweltbundesamtes (UBA), die im Oktober 2021 veröffentlicht wurde, untersucht die globale Umwelt-Inanspruchnahme unseres Textilkonsums. Die Studie zeigt die Emissionen von Treibhausgasgasen und Luftschadstoffen auf sowie den Wasserverbrauch und Einsatz von Chemikalien, die bei der Herstellung unserer Kleidung entstehen.

Tool-Übersicht zur Messung von Treibhausgas-Emissionen

Damit Unternehmen das passende Tool zur Bilanzierung ihrer Treibhausgas-Emissionen finden, hat die Expert*innen-Gruppe Klimaschutz in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut ein rund 60 Seiten starkes Überblicksdokument erstellt: Assessment of available tools for measuring GHG emissions.

Webinarserie: Textilindustrie und Klimawandel

Vier Webinare ermöglichen einen schnellen und dennoch tiefgreifenden Überblick zu zentralen Themen wie Regulierungen, Risiken, Anpassungen an den Klimawandel und dazu, wie THG-Emissionen erfasst und reduziert werden können. Das Bündnis für nachhaltige Textilien und die Business Scouts for Development veranstalten die Webinarserie in Zusammenarbeit mit der Fashion Industry Charter for Climate Action.

Leitfaden Einführung Klimamanagement vom Deutschen Global Compact Netzwerk

Der Leitfaden „Einführung Klimamanagement. Schritt für Schritt zu einem effektiven Klimamanagement im Unternehmen“ dient als Grundlage und Orientierungshilfe beim Aufbau eines ganzheitlichen Klimamanagements und gliedert sich in vier wesentliche Schritte:

  1. Erstellung der Treibhausgasbilanz,
  2. Entwicklung von Klimazielen,
  3. Maßnahmen zur Zielerreichung sowie
  4. Berichterstattung und Kommunikation.

Der Leitfaden ist für Mitarbeitende von kleinen und mittleren Unternehmen besonders relevant, die neu in dem Thema sind und eigenständig und ohne Beratung an ihren Klimazielsetzungen arbeiten. Doch auch größere oder fortgeschrittenere Unternehmen finden hilfreiche Tipps und Anleitung.

Climate Action Training for the Fashion Industry

Das Climate Action Training richtet sich an Zulieferer im Textilsektor, insbesondere in Tier 1 und Tier 2. GIZ FABRIC und der Fashion Industrie Charter for Climate Action haben das Training konzipiert. In fünf Modulen werden Grundlagen zu den Arten von Treibhausgas (THG)-Emissionen, der THG-Bilanzierung, Reporting und Zielsetzung sowie Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien vermittelt.

Das E-Learning ist bisher in fünf Sprachen verfügbar: Englisch, Mandarin, Khmer, Bengali, Vietnamesisch.