Textilbündnis-Projekt „Kreislauffähige Produktklone II“ legt weitere Empfehlungen zum Produkt-Design vor
Im Rahmen der zweiten Phase des Produktklone-Projekts des Bündnisses für Nachhaltige Textilien hat das Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB) der Hochschule Niederrhein (HSNR) erneut konkrete Handlungsempfehlungen für ein nachhaltiges Produktdesign vorgestellt. Anhand der zwei Produktgruppen „Steppjacke“ und „Hemd“ wurden im Projekt „Produktklon II“ Hindernisse für die Kreislauf- und Recyclingfähigkeit der Produkte identifiziert und nachhaltigere Alternativen vorgestellt. Vier Mitgliedsunternehmen brachten dafür ihre konkreten Produkte ein, teilten Ergebnisse der Analyse und arbeiteten gemeinsam an Lösungen und Verfahren. Das Projekt baut auf den Erkenntnissen aus der vorangegangenen Untersuchung „Produktklon I“ auf, bei der eine große Anzahl verschiedener Produkte untersucht wurden: von Brautkleid, über Bettwäsche und Workwear bis hin zur Treckingjacke und zur Socke.
Designlösungen im Einklang mit der EU-Ökodesign-Verordnung
Das Projekt zielte auf nachhaltige Designlösungen, die im Einklang mit den künftigen Anforderungen der EU-Ökodesign-Verordnung stehen und gleichzeitig, den grundlegenden Konflikt zwischen Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit von Textilien berücksichtigen. Denn hier schlummern gleich mehrere Zielkonflikte: Ein größerer Anteil an recycelten Fasern im Produkt verkürzt z.B. oft die Nutzungsdauer. Eine Funktionalisierung von Textilien verlängert ihre Lebensdauer, erschwert aber ihr Faser-zu-Faser-Recycling. Ein zeitloses Design für die längere Nutzbarkeit steht im Konflikt mit dem Wunsch nach saisonalem und modischem Design.
Zielkonflikte? Aufeinanderfolgende Produkt-Generationen könnten die Lösung sein
Um diese Zielkonflikte zu mildern, sollen – so die Empfehlung der Hochschule Niederrhein – die Anforderungen der EU-Ökodesign-Verordnung schrittweise in drei bis fünf aufeinanderfolgenden Produkt-Generationen umgesetzt werden: Bei der Produktgruppe Hemd soll z.B. in der ersten Generation zunächst die Haltbarkeit eines Textils im Vordergrund stehen, in der zweiten Generation dann soll ihr Rezyklatanteil erhöht werden, um schließlich in der dritten Generation die Recyclingfähigkeit auszubauen.
Reparierfähigkeit und modulares Design
Für die Produktkategorie Steppjacke wurde Haltbarkeit als wesentliches Merkmal identifiziert, daher gilt die Reparierfähigkeit als entscheidender Zwischenschritt. Insbesondere bei Reißverschlüssen z.B. werden verschiedene Ansatzpunkte ausgemacht, die Material, Fertigung und den Einsatz von Normgrößen für eine bessere und günstigere Ersetzbarkeit betreffen. Potenziale ergeben sich in der Kategorie Jacke aber auch durch einen modularen Aufbau: Ein variables Design – zum Beispiel durch Wendejacken, herausnehmbare Innenjacken oder abnehmbare Ärmel – erhöht den Nutzungsbereich der Jacke und kann gleichzeitig Impulse für den Zielkonflikt zwischen einem langlebigen zeitlosen Design und kurzfristigen Modetrends geben.
Fit für künftige Verfahren
Weitere Vorteile ergäben sich u.a. durch veränderte Schnittmuster mit weniger Teilen, Fertigungstechniken, die den Einsatz von Elastan für Bündchen ersetzen oder den Einsatz von Sekundärrohstoffen wie buntem Polyester aus Post-Consumer-Waste statt aus PET-Flaschen. Auslesbare QR-Codes ermöglichen das Scannen und Erkennen der Materialzusammensetzung, erleichtern die spätere Trennung. Als Digitaler Produktpass könnten diese Informationen so auch Endkonsument*innen zur Verfügung gestellt werden. Der Einsatz von Monomaterialien und selbstauflösenden Garnen legt darüber hinaus den Grundstein für zukünftige Recyclingverfahren, die aktuell noch im Pilotstadium, und daher noch nicht verfügbar sind.
Das Projektteam schlussfolgert: Mindestens fünf Kriterien der künftigen EU-Ökodesign-Verordnung widmen sich der Kreislaufwirtschaft. Eine frühzeitige Auseinandersetzung und Vorbereitung auf die Neuerungen, die die EU-Textilstrategie mit sich bringen wird, ist für die europäischen Textil- und Bekleidungswirtschaft entscheidend. Die Herausforderungen und Zielkonflikte lassen sich am besten überwinden, wenn Unternehmen Lösungen gemeinsam herbeiführen. Der Austausch und Kooperationen zwischen Brands sind hier entscheidend. Gleichzeitig können sie so von der Verwendung von Sekundärmaterialien, von gemeinsamer Beschaffung größerer Materialmengen und geteilter Logistik profitieren.
Die Analysen entstanden unter der Leitung von Prof. Dr. Maike Rabe, Prof. Dipl. Ellen Bendt sowie Benita Rau vom Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB) der Hochschule Niederrhein (HSNR), die Unternehmen Blutsgeschwister, Hakro, Seidensticker und S.Oliver brachten ihre Produkte ein. Im Austausch mit den Unternehmen hat ein Team aus Studierenden an der HSNR Lösungen für die in der Analyse aufgebrachten Aspekte erarbeitet und die Plausibilität der Designänderungen geprüft. Beteiligt waren: Berat Arici, Nadine Bullerdiek, Sakshi Chaudhary, Pauline Jetter, Malina Lumpp, Jana Oldenburg, Rosalie Schilling, Tamara Theilmann, Yifan Yang.