Einkaufspraktiken: Vor-COVID-19 Selbsteinschätzung liefert wertvolle Einblicke

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09. Juni 2020

Einkaufspraktiken: Vor-COVID-19 Selbsteinschätzung liefert wertvolle Einblicke

Gemeinsamer Bericht von AGT und BNT basierend auf einem von ACT entwickelten Tool unterstreicht die Bedeutung von Einkaufspraktiken in Krisenzeiten.

Durch die Zusammenarbeit mit der Initiative ACT (Action, Collaboration, Transformation) wollen das niederländische Agreement on Sustainable Garments and Textiles (AGT) und das deutsche Bündnis für nachhaltige Textilien (BNT) gemeinsam die Voraussetzungen für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken innerhalb der Textilindustrie schaffen. Der heute veröffentlichte Bericht zeigt die aggregierten Ergebnisse des Purchasing Practices Self-Assessments (PPSA) von 42 AGT- und BNT-Unternehmen. Die Selbsteinschätzung wurde vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen ein gemischtes Bild: Während verantwortungsvolle Einkaufspraktiken in einigen Bereichen bereits etabliert und effektiv sind (z. B. „Auftragsänderungen“ und „Zahlungsbedingungen“), zeigt sich in anderen Bereichen (z. B. „Preisangebote“ und „Anreize und Compliance-Scoring“) bei der Mehrzahl der Unternehmen Verbesserungsbedarf. Gleichzeitig zeigt die Auswertung, dass sich manche Einkaufspraktiken stark von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden.

Wertvoll sind diese Erkenntnisse sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene. War das PPSA zunächst eine interne Bewertung, sollten Unternehmen nun ihre Lieferanten um Feedback zu ihren Einkaufspraktiken bitten, um ein vollständigeres Bild zu erhalten. Gleichzeitig sind über diese Analyse hinaus konkrete Maßnahmen erforderlich: Die Unternehmen sollten ihren Einfluss nutzen, den Dialog mit ihren Lieferanten fortsetzen und sich ambitionierte Ziele zur Verbesserung ihrer Einkaufspraktiken setzen. Lesen Sie hier den vollständigen Bericht.

Bedeutung von Einkaufspraktiken

Der Bericht beruht auf den Ergebnissen einer Selbsteinschätzung der Unternehmen kurz bevor der Ausbruch von COVID-19 die Welt auf den Kopf gestellt hat. COVID-19 hat erhebliche Auswirkungen auf den Bekleidungs- und Textilsektor und stellt die Einkaufspraktiken von AGT- und BNT-Unternehmen auf eine harte Probe.

Zwei Unternehmensvertreter*innen kommentieren die Situation wie folgt: „Die Krise hat die Schwächen der Einkaufspraktiken in der Industrie sichtbar gemacht. Wir glauben daher, dass dies in den kommenden Jahren ein zentrales Thema bleiben wird. Das PPSA kann entscheidend dazu beitragen, eine Diskussionsgrundlage zu schaffen, auf Basis derer Verbesserungsmaßnahmen entwickelt und überprüft werden können,“ kommentiert Kathrin Raabe, Senior Manager Corporate Responsibility International, ALDI SÜD (vertreten durch HOFER KG).

Daphne Zita van Esveld, Sustainability Coordinator von America Today fügt hinzu: „Um gute Arbeitsbedingungen zu fördern bzw. zu halten, ist es wichtig, unsere Einkaufspraktiken zu analysieren und zu hinterfragen. Durch das Corona-Virus haben Schwachstellen und Risiken in den Lieferketten zugenommen. Daher ist es umso wichtiger, Einblicke in die eigenen Einkaufspraktiken zu gewinnen. Das PPSA hilft, diese Einblicke zu bekommen.“

Das PPSA-Tool

Im Sommer 2019 führte das BNT für seine Mitgliedsunternehmen ein Online-Tool zur Bewertung ihrer Einkaufspraktiken ein, basierend auf dem von ACT entwickelten Purchasing Practices Self-Assessment. Mithilfe dieses Tools haben eine signifikante Anzahl von engagierten AGT- und BNT-Unternehmen begonnen, ihre Einkaufspraktiken zu analysieren, sich mit anderen Unternehmen zu vergleichen, intern das Bewusstsein zu schärfen und nächste Schritte zu diskutieren, um die eigene Einkaufspraxis zu verbessern.

Nächste Schritte

Branchenweite nachhaltige Einkaufspraktiken sind notwendig, damit die Lieferanten Fortschritte auf dem Weg zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und zur Zahlung existenzsichernder Löhne machen können. AGT und BNT werden ihre Unterzeichner bzw. Mitglieder weiterhin auf diesem Weg unterstützen: Beide Initiativen werden ihr Angebot an Leitlinien und Trainings sowohl auf Unternehmens- als auch auf Lieferantenebene weiter verstärken. Ebenso wollen BNT, AGT und ACT ihre Zusammenarbeit in Bezug auf gemeinsame genutzte Tools und Trainings zu Einkaufspraktiken fortsetzen. AGT und BNT unterzeichneten auch die gemeinsame Erklärung zur verantwortlichen Reaktion auf die Corona-Krise, die unter anderem den Schutz des Einkommens und der Gesundheit von Arbeitnehmer*innen fordert.

Darüber hinaus werden auch andere Wege weiterverfolgt. In 2019 haben AGT und BNT in Zusammenarbeit mit der Fair Wear Foundation begonnen, Trainings zu existenzsichernden Löhnen in Verbindung mit Einkaufspraktiken anzubieten. Diese Trainings werden in verschiedenen Produktionsländern in Asien und Osteuropa fortgesetzt.