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Interview zu Inklusion und Diversität in der Textilindustrie

Aktuelles
23.08.2022

Interview zu Inklusion und Diversität in der Textilindustrie

Im Interview mit dem Asia Garment Hub sprechen Judith Kunert und Luisa Hans über Möglichkeiten, Chancen und Herausforderungen, den Textilsektor inklusiver zu gestalten.

Unternehmen stehen bei der Einhaltung ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht noch immer vor großen Herausforderungen hinsichtlich Diskriminierung, geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz. Diese Barrieren erschweren Arbeitnehmer*innen eine gleichberechtigte Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt. Um Unternehmen dabei zu unterstützen Arbeitsbedingungen inklusiver zu gestalten, wurde 2021 der Leitfaden zu Inklusion in textilen Lieferketten für den Bekleidungs- und Textilsektor veröffentlicht. Dieser zeigt Möglichkeiten auf, wie Unternehmen und Mitarbeiter*innen gleichermaßen von inklusiven Arbeitsverhältnissen profitieren und wie Inklusion umgesetzt werden kann. 

Judith Kunert, die im Textilbündnis zu Gender und Inklusion arbeitet, und Luisa Hans vom Bündnismitglied Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) haben den Leitfaden mit erarbeitet. Im Interview mit dem Asia Garment Hub sprechen sie über Möglichkeiten, den Textilsektor inklusiver zu gestalten.

Derzeit würden Menschen mit Behinderung vor allem durch die gegenwärtigen Arbeitsverhältnisse in Textilfabriken benachteiligt, die sich meist in Niedriglohnländern befänden und deren Sozialstandards unzureichend seien. Menschen mit Behinderung seien dort nicht nur einem höheren Arbeitsrisiko ausgesetzt, sondern hätten auch Schwierigkeiten den Mindestlohn zu verdienen, der meist an die produzierte Stückzahl gekoppelt sei. Dabei würden individuelle Fähigkeiten und Potentiale häufig aufgrund bestehender Vorurteile übersehen und als negativ empfunden.

Untersuchungen zeigten jedoch, dass Inklusion und Schutz vor Diskriminierung sich insgesamt positiv auf das Arbeitsklima auswirke und soziale Fähigkeiten, Innovation und Produktivität der Mitarbeiter*innen steigere. Von Vielfalt profitieren also alle.

Dabei müssen Inklusion und Diversität jedoch langfristig neu gedacht und Vorurteile abgebaut werden, um Arbeiter*innen Perspektiven zu geben. Luisa Hans dazu: „Bei der Inklusion geht es nicht nur darum, dass Menschen mit Behinderungen in unsere heutige Gesellschaft integriert werden, sondern vielmehr darum, dass die Gesellschaft die Vielfalt ihrer Mitglieder mit ihren jeweiligen Talenten und Einschränkungen bejaht und daran arbeitet, bestehende Barrieren und Vorurteile abzubauen.“

Inklusion sei ein langfristiger Prozess und erfordere die stetige Sensibilisierung von Vorgesetzten und Mitarbeiter*innen. Ein wichtiger Schritt sei es, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu geben und den gegenseitigen Austausch mit Betroffenen zu fördern. Grade beim Thema geschlechterspezifische Gewalt habe die „Me-Too“-Debatte enorm dazu beigetragen, Geschlechterfragen und Frauenrechte auf die internationale Tagesordnung zu setzen. Auch beim Thema Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und Diversität bestehe noch viel Potenzial.

Dennoch zeigten sich auch jetzt bereits positive Entwicklungen innerhalb der Modeindustrie, welche sich dem Thema langsam annehme. Große Modeunternehmen entwickelten zunehmend integrative Ansätze. Das würde Fragen zur Inklusion in ihren eigenen Betrieben und Lieferketten aufwerfen. Daher müssten sie Maßnahmen ergreifen, um das Problem anzugehen.

Um das Bewusstsein zu schärfen und das Interesse an dem Thema zu steigern seien Leitfäden, Publikationen und öffentliche Interviews ein guter erster Schritt. Aber auch der Austausch mit Expert*innen und Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, können helfen, Stellschrauben zu analysieren und physische sowie andere Barrieren zu identifizieren. Sie können auch das Bewusstsein für die eigenen Vorurteile und Klischees schärfen.

Das ausführliche Interview finden Sie hier: Disability inclusion: Companies should recognise that diversity is a strength and a reputation enhancer — Asia Garment Hub.