,

Erstes rechtsverbindliches Übereinkommen zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Indien geschlossen

Aktuelles
11.07.2022

Erstes rechtsverbindliches Übereinkommen zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Indien geschlossen

Mit dem „Dindigul Agreement to End Gender-Based Violence and Harassment“ (GBVH) gibt es erstmals in der asiatischen Textilindustrie ein rechtsverbindliches Abkommen zur Beendigung sexueller Gewalt und Belästigung von Arbeiterinnen.

Das Abkommen hat einen traurigen Hintergrund: 2021 wurde die Textilarbeiterin Jeyasre Kathiravel von ihrem Vorgesetzten ermordet. Anschließend prangerten Kolleg*innen öffentlich eine Kultur der Gewalt gegen Frauen an ihrem Arbeitsplatz an. Dies führte zu der Kampagne „Gerechtigkeit für Jeyasre“ und schließlich zum Dindigul-Abkommen. 

Bei dem Dindigul-Abkommen handelt sich um eine rechtsverbindliche Vereinbarung, die H&M zur Unterstützung und Durchsetzung der TTCU-Eastman Exports-Vereinbarung verpflichtet. Sollte Eastman Exports gegen seine Verpflichtungen gegenüber TTCU verstoßen, ist H&M gemäß den Bedingungen der Vereinbarung verpflichtet, Eastman Exports geschäftliche Konsequenzen aufzuerlegen. 

Das Abkommen betrifft zunächst mehr als 5000 Beschäftigte bei Natchi Apparel und Eastman Spinning Mills. Die meisten von ihnen sind Frauen zwischen 18 und 22 Jahre, die der indischen Dalit-Kaste angehören und daher besonders oft von Diskriminierung betroffen sind. Auch Wanderarbeiter*innen, die oft die lokale Sprache Tamil nicht sprechen, sollen vom Dindigul Abkommen profitieren.  

Zu den Unterzeichnern gehören das Zulieferunternehmen, Eastman Exports, das Bündnisunternehmen H&M und die lokale Gewerkschaft Tamil Nadu Textile and Common Labour Union (TTCU) sowie die Unterstützerorganisationen Asia Floor Wage Alliance (AFWA) und Global Labour Justice – International Labor Rights Forum (GLJ-ILRF). Beim virtuellen Treffen der Expert*innen-Gruppe Geschlechtsspezifische Gewalt am 22.06. stellten Thivya Rakini von TTCU, Sahiba Gill, GLJ, und Nandita Shivakumar, AFWA, das Übereinkommen vor. 

Der Fokus des Übereinkommens liegt darauf, Bedingungen für gewerkschaftlich geführte Maßnahmen zu schaffen, um geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung (gender-based violence and harassment, GBVH) zu beenden. Zu den Instrumenten gehören: 

  • Ermöglichung kollektiver Maßnahmen gegen GBVH durch AFWA Safe Circles: Die Dindigul-Vereinbarung setzt das AFWA-Konzept der „Safe Circles“ um, ein von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften geführtes Programm zur Schulung, Überwachung und Abhilfe in Zusammenhang mit GBVH.  
  • Umsetzung internationaler Standards zu Gender und Versammlungsfreiheit und Kollektivverhandlungen, insbesondere ILO-Übereinkommen 190, 87 und 98 
  • Schutz von besonders gefährdeten Personen, aufgrund der Kastenzugehörigkeit oder Migrationsstatus
  • Schutz des Rechts, Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten und ungehinderten Zugang von Gewerkschaften in die Fabriken 
  • Förderung interner Beschwerde-Komitees und Beschwerdemechanismen 
Weitere Informationen