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CFRPP: Ein Referenzrahmen für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken

Aktuelles
21.07.2022

CFRPP: Ein Referenzrahmen für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken

Mit dem „Common Framework for Responsible Purchasing Practices“ liegt nun ein einheitlicher Referenzrahmen für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken vor. Mehrere Multi-Stakeholder-Initiativen haben das Dokument erarbeitet und erhoffen sich davon, dass Unternehmen dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken und Verbesserungen einleiten.

International tätige Unternehmen sind angehalten, menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Verantwortungsvolle Einkaufspraktiken sind dabei ein wirkungsvoller Hebel, um die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in Lieferketten positiv zu beeinflussen. Unter anderem können sie existenzsichernde Löhne für Arbeitnehmer*innen fördern und bei Lieferanten für eine bessere Planung und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sorgen.

Mehrere Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) haben dieses Potential erkannt und mit dem „Common Framework for Responsible Purchasing Practices“ (CFRPP) ein einheitliches Referenzdokument für die Branche entwickelt. Zu der Gruppe gehören neben dem Bündnis für nachhaltige Textilien die Ethical Trading Initiative, Ethical Trade Norway und Denmark, Fair Wear Foundation und das Dutch Agreement for Sustainable Garments and Textile (AGT, 2021 ausgelaufen, ein neues Abkommen ist in Planung). Die Arbeitsgruppe hat sich auch mit ACT (Action Collaboration Transformation), Better Buying Institute, Better Work und amfori beraten.

Der CFRPP unterstreicht die geteilte Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in Textil-Lieferketten. Sie liegt nicht einseitig bei den Lieferanten, sondern muss auch von einkaufenden Unternehmen (stärker) wahrgenommen werden. Sie müssen ihre Einkaufspraktiken ändern, wenn diese negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Umweltbedingungen in der Lieferkette haben.

In einer „Learning and Implementation Community“ schließen sich nun Unternehmen zusammen, um anhand des CFRPP und mit Unterstützung der MSI voneinander und miteinander zu lernen, wie sie ihre Einkaufspraktiken verbessern können.

Studien belegen den Einfluss von Einkaufpraktiken auf Arbeitsbedingungen in der Lieferkette

Studien der International Labour Organisation, des Better Buying Institute und der Joint Ethical Trading Initiatives haben nachgewiesen: Wenn Marken und Einzelhändler ihre Zulieferer mit schlechten Einkaufspraktiken unter Druck setzen, werden mitunter Menschenrechte verletzt, auch wenn die Unternehmen in ihren Grundsatzerklärungen und sozialen Standards zum Beispiel geringe Löhne oder lange Arbeitszeiten ausdrücklich verbieten.

Sich ändernde Produktanforderungen oder -mengen und eine verspätete Abnahme können zu exzessiven Überstunden für Arbeitnehmer*innen führen und Leiharbeit oder die Vergabe von Unteraufträgen zur Folge haben. Nur 17 % der Zulieferer gaben in einer ILO-Umfrage an, dass ihre Aufträge ausreichend lange Vorlaufzeiten hätten. 52 % der Textil-Lieferanten berichteten, dass sie Preise akzeptierten, die unterhalb ihrer Produktionskosten lägen. Ein Drittel erklärte, dass sie aufgrund dessen Schwierigkeiten haben, ihren Beschäftigten angemessenen Löhne zu zahlen. Auch lange Zahlungsfristen von mehr als zwei Monaten sind ein Problem, weil Lieferanten das finanzielle Risiko tragen, was wiederum ihre Geschäftsfähigkeit gefährdet.

Ein gemeinsames Verständnis von verantwortungsvollen Einkaufspraktiken

Mehrere Multi-Stakeholder-Initiativen haben sich zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Verständnis zu erarbeiten, was verantwortungsvolle Einkaufspraktiken beinhalten. Die MSI-Arbeitsgruppe veröffentlichte im November 2021 den Entwurf des „Common Framework for Responsible Purchasing Practices“. 34 Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen nutzten die Gelegenheit zur Kommentierung, übten Kritik und machten Anregungen und Vorschläge. Anhand dessen überarbeitete die Arbeitsgruppe den Entwurf und veröffentlicht nun das Common Framework. Ein zweites Dokument fasst die Rückmeldung der Stakeholder zusammen und veranschaulicht, wie die MSI-Gruppe das Feedback integriert hat.

„Das Common Framework ist ein wichtiger Schritt zu verantwortungsvollen Einkaufspraktiken. Wir erhoffen uns davon, dass Unternehmen dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken und notwendige Veränderungen ihrer Einkaufspraktiken einleiten. Die Multi-Stakeholder-Initiativen in der Arbeitsgruppen, zu der auch das Textilbündnis gehört, wollen ihre Mitglieder unterstützen, gemeinsam Fortschritte erzielen und die Bemühungen so weit wie möglich aufeinander abstimmen,“ sagt der Leiter des Bündnissekretariats Jürgen Janssen.

Fünf Prinzipien für verantwortungsvolle Einkaufspraktiken

Der CFRPP fasst verschiedene Aspekte verantwortungsvoller Einkaufspraktiken in fünf Prinzipien zusammen:

Learning and Implementation Community

Als Unterstützung wird ab September 2022 eine zweijährige gemeinsame Lerngruppe ins Leben gerufen. Dieser „Learning and Implementation Community“ (LIC) gehören Textilhändler und -marken unter anderem aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Belgien, den Niederlanden und Norwegen an. In Online-Workshops tauschen sie untereinander und mit Lieferanten Erfahrungen aus und diskutieren Lösungen zu verschiedenen Themen. Die LIC wird Leitlinien, Fallstudien, Werkzeuge und Videos entwickeln, die mit weiteren Unternehmen und Interessengruppen geteilt werden sollen.

Hintergrundinformationen

Der Referenzrahmen soll als gemeinsamer Bezugspunkt für Unternehmen dienen, die an der Verbesserung ihrer Einkaufspraktiken arbeiten, und für Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI), die ihre Mitgliedsunternehmen bei der Umsetzung praktischer Verbesserungen im Einkauf unterstützen, um den Spielraum für bessere Arbeitsbedingungen in den Lieferketten zu vergrößern. Das CFRPP ist das Ergebnis eines zweijährigen Arbeitsprozesses verschiedener Multi-Stakeholder-Initiativen:

Das CFRPP basiert auf einem Benchmarking bestehender Dokumente und Standards der beteiligten MSI und anderer Organisationen. Es enthält auch Schlüsselelemente aus dem Whitepaper der Sustainable Terms of Trade Initiative. Mit ihr arbeitet die MSI-Gruppe zusammen, um sicherzustellen, dass Lieferanten in die Diskussionen einbezogen werden. Das ist entscheidend für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und den fairen Dialog zwischen einkaufenden und produzierenden Unternehmen.

Die Learning and Implementation Community (LIC) wird zum einen von der Initiative Globale Solidarität (IGS) finanziert, die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH durchgeführt und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt wird. Zum anderen wird sie finanziert von der Sustainable Textile Initiative: Together for Change (STITCH), die von der niederländischen Regierung unterstützt wird.

Dokumente zum Download
Common Framework for Responsible Purchasing Practices
CFRPP: Learning and Implementation Community
CFRPP: Stakeholder Consultation