Wie können Beschwerdemechanismen effektiver gestaltet und der Zugang für Arbeitnehmer*innen erleichtert werden? Diese Frage erörterten rund 30 Bündnismitglieder bei einem Workshop.
Der Zugang zu Beschwerdemechanismen, Abhilfe und rechtlicher Unterstützung sind wichtige Bestandteile der unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Arbeiter*innen in der Textilindustrie brauchen Kanäle oder Anlaufstellen, um auf Missstände am Arbeitsplatz aufmerksam machen zu können und Unterstützung und Abhilfe zu erhalten.
Aufklärung über Rechte und Vertrauen in Beschwerdemechanismen
Arbeiter*innen müssen ihre Rechte kennen und wissen, wie und wo sie Missstände melden können. Dafür haben sich unter anderem niedrigschwellige Apps bewährt. Auch Trainings helfen, Beschäftigten in Produktionsstätten für ihre Rechte zu sensibilisieren und ihnen die Thematik näher zu bringen.
Beschwerdestrukturen gibt es sowohl fabrikintern als auch fabrik- oder sogar länderübergreifend. Wenn sie gut funktionieren, d.h. zum Beispiel zugänglich sind für potenziell Betroffene, führt das zu mehr Beschwerden. Das bewerten die Bündnismitglieder beim Workshop als ein positives Zeichen: „Beschwerden sind kein Weltuntergang, sondern wichtig.“
Alle Akteure der textilen Lieferkette, wie beispielsweise Lieferanten und Geschäftspartner*innen, sollten Hinweise zu Missständen am Arbeitsplatz daher als produktives und notwendiges Element für einen transparenten Dialog und eine nachhaltigere Textilindustrie verstehen. Entscheidend ist, dass potenziell Betroffene Vertrauen in die Mechanismen haben und keine negativen Folgen befürchten müssen.
Herausforderungen zusammen angehen
Die Bündnismitglieder tauschten sich auch über Herausforderungen aus: Oft decken die Beschwerdemechanismen soziale Themen ab, Umweltthemen aber zu wenig oder gar nicht. Zudem sind Beschwerdemechanismen nicht in allen Ländern verfügbar, aus denen Bündnisunternehmen einkaufen. Darüber hinaus fehlen Ansätze für die tiefere Lieferkette.
Die Teilnehmenden stellten auch fest: Wenn es zu viele verschiedene Mechanismen, Ansätze und Anforderungen gibt, wird es für alle Beteiligten schnell verwirrend. Daher sprachen sich die Bündnismitglieder dafür aus, komplementäre oder fragmentierte Beschwerdesystemen wo möglich und sinnvoll zu harmonisieren. Bewährte Mechanismen gelte es zu fördern und noch mehr Beschäftigten den Zugang zu ermöglichen.
Wie arbeitet das Textilbündnis an effektiven Beschwerdemechanismen?
Im Textilbündnis gibt es einen Strategiekreis bestehend aus Vertreter*innen aller Akteursgruppen. Der Strategiekreis verfolgt zum einen das Ziel, Kooperationen mit anderen Sektorinitiativen weiter zu verfolgen, die über Beschwerdemechanismen verfügen oder ebenfalls an diesem Thema arbeiten. Zum anderen will der Strategiekreis lokale Anlaufstellen für Arbeiter*innen stärken.
Außerdem haben sich mehrere Mitglieder in der Bündnisinitiative „Beschwerdemechanismen“ zusammengeschlossen und Kooperationsprojekte gestartet, wie etwa das Modul zur Öffnung des Fair Wear Beschwerdemechanismus für Bündnismitglieder oder die Stärkung fabrikinterner Beschwerdemechanismen in Pakistan. Zudem unterstützen die drei Bündnismitglieder Primark, C&A und Orsay die lokale NGO MUDEM, die über das Worker Support Center eine Anlaufstelle für syrische Geflüchtete in der türkischen Textilindustrie anbietet (Details zum MUDEM-Projekt).
Der Workshop war Teil des diesjährigen Textilbündnis-Arbeitstreffens am 17. und 18. Mai in Berlin. Das Unconference-Format bot den Bündnismitgliedern die Möglichkeit, eigene Themen und Fragen vorzuschlagen, die sie gerne gemeinsam bearbeiten wollten.
Weitere Informationen zu Beschwerdemechanismen: