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Intensiver Austausch zu geschlechtsspezifischer Gewalt

Aktuelles
30.06.2022

Intensiver Austausch zu geschlechtsspezifischer Gewalt

Der sprichtwörtliche "Elefant im Raum" – wie komme ich mit meinen Zulieferern zu den Themen Gender und geschlechtsspezifischer Gewalt ins Gespräch? Diese Frage diskutierten rund 20 Bündnismitglieder aus der Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beim Arbeitstreffen.

Geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung und Belästigung (Gender-based violence and harassment, GBVH) stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Verlässliche Daten sind schwer zu erheben und Zulieferer geben häufig an, dass es in ihrem Betrieb diesbezüglich keine Probleme oder Vorfälle gebe.

Ziel des Workshops „Gender-based violence in der Lieferkette“ war es, Ansätze und Strategien zu diskutieren, wie der Missstand gegenüber Geschäftspartner*innen angesprochen und diese für das Thema sensibilisiert werden können.

Geschlechtsspezifische Gewalt ist oft nicht in Audits integriert

Audits sind oft nicht gender-sensibel und eignen sich in der Regel nicht, um GBVH zu identifizieren. Das Thema ist zu sensibel und wird von Mitarbeiter*innen in Interviews nicht angesprochen. Zudem mangelt es häufig an Aufklärung, was geschlechtsspezifische Gewalt umfasst und welche Reche und Pflichten Mitarbeiter*innen und Management diesbezüglich haben.

Vertrauensbasis ist der Schlüssel

Ohne eine Vertrauensbasis kann das Thema nicht zur Sprache gebracht, nicht identifiziert und nicht wirkungsvoll adressiert werden. Fortgeschrittenere Bündnisunternehmen berichteten im Workshop, dass sie hier ansetzen und dieses in einem ersten Schritt aufbauen oder eng mit ausgewählten Zulieferern arbeiten, um das Thema anzugehen.

Sensibilisierung allein führt nicht zu Veränderungen

Wichtig sei, dass (weibliche) Beschäftigte in Produktionsstätten ihre Rechte kennen und für das Thema geschlechtsspezifische Gewalt sensibilisiert sind. Doch das allein reiche nicht. Es brauche auch Kanäle, über die Betroffene Vorfälle und Beschwerden anonym melden können.

Apps können hier eine Lösung sein: Unternehmensvertreter*innen berichteten, dass Worker Voice Tools die vielversprechende Möglichkeit bieten, das Thema anonym und im geschützten Raum per App anzusprechen. Außerdem werden mehrere Apps entwickelt, in der Arbeiter*innen über ihre Rechte aufgeklärt werden oder auch Rechtsberatung erhalten.

Sensibilisierung müsse auch einhergehen mit der Stärkung von Gewerkschaften, einem sozialen Dialog oder partizipativen Komitees, und der Rolle von Frauen in diesen Gremien, damit diese wirkungsvoll für die Rechte von Frauen eintreten und Themen wie GBVH auf die Agenda setzen.

Fazit
  • Es braucht vernetzte ganzheitliche Ansätze. Wenige Ansätze und Lösungen bringen allein Verbesserung, stattdessen müssen diese zusammengedacht werden (zum Beispiel Aufklärung und Beschwerdemechanismen, Sensibilisierung und Empowerment, etc.).
  • Die Diskussion zeigt, dass es trotz der Herausforderungen bereits etliche gute Lösungen, erprobte Ansätze und Erfahrungen. Es ist nicht notwendig allein auf Audits zu bauen, stattdessen macht es Sinn, das Risiko anzuerkennen und zu adressieren.
  • Es ist notwendig, dass sich große und kleine Player auch in gemeinsamen Projekten vor Ort auf Ebene der Zulieferer engagieren. Feministische EZ ist ein Fokusthema im BMZ, somit gibt es derzeit viel Unterstützung auch von Seiten des BMZ für Projekte.
  • Die Expert*innen-Gruppe zu geschlechtsspezifischer Gewalt will in den nächsten Monaten insbesondere thematisieren, wie bessere gendersensible Daten erhoben und die Koordination zwischen Zulieferern gestärkt werden können.

Der Workshop war Teil des diesjährigen Textilbündnis-Arbeitstreffens am 17. und 18. Mai in Berlin. Das Unconference-Format bot den Bündnismitgliedern die Möglichkeit, eigene Themen und Fragen vorzuschlagen, die sie gerne gemeinsam bearbeiten wollten.

Weitere Informationen

Sektorrisiko Diskriminierung, sexuelle Belästigung und geschlechtsspezifische Gewalt

Leitlinien zur Erhebung geschlechtsspezifischer Daten

SDG 5 – Geschlechtergerechtigkeit

Leitfaden Due Diligence, Social Audits, Gender-Based Violence (2021) inklusive Fragebogen für Interviews und einen Dialog mit Zulieferern

Jahresthema 2020: Geschlechtsspezifische Gewalt

Gender Data Guidance entwickelt durch ETI, BSR, FWF, AGT, SEDEX und TxB (basierend auf dem BSR Leitfaden Gender Data Impact and Impact Framework and Tool): Es handelt sich um ein praxisorientiertes Tool, das unterschiedliche Niveaus (Anfänger und Fortgeschrittene) adressiert, eine Reihe an sinnvollen Indikatoren bereithält, aber auch aufzeigt, wie die Daten zu erheben sind.