Das Projekt „Gender Data Gap“ ist erfolgreich abgeschlossen. Ziel der Bündnisinitiative (BI) war es, eine Lösung für das Problem der fehlenden Datenerhebung zur Geschlechtergleichberechtigung in der Textilindustrie zu finden. Trotz der Bekanntheit von Diskriminierung, sexueller Belästigung und geschlechtsspezifischer Gewalt in dieser Branche fehlt es an transparenten und verlässlichen Daten, um das tatsächliche Ausmaß der Probleme präzise zu erfassen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichheiten zu entwickeln. Mit dem „Assessment and Action Guide“ hat die BI „Gender Data Gap“ einen praktischen und skalierbaren Leitfaden geschaffen, der Unternehmen hilft, Diskriminierung zu messen und langfristig zu bekämpfen.
Warum sind Daten so wichtig?
In der Textilindustrie, wie in vielen anderen Bereichen, fehlen oft die notwendigen Daten, um die tatsächliche Situation der Geschlechtergleichstellung realistisch zu bewerten. Dieser Mangel an Transparenz erschwert es den Unternehmen, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Diskriminierung und Gewalt am Arbeitsplatz zu reduzieren. Das Fehlen klarer Daten führt dazu, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, auf bestehende Ungleichheiten zu reagieren und diese systematisch zu überwinden.
Ziele und Maßnahmen des Projekts
Das Projekt verfolgte das Ziel, eine praktikable Lösung zur Datenerhebung zu entwickeln. Der „Assessment and Action Guide“ besteht aus einem detaillierten Fragenkatalog für Interviews, einem Leitfaden zur Methodik und für Trainings und einem kompakten Fragebogen, der in den Produktionsstätten zur kontinuierlichen Messung von Fortschritten eingesetzt werden kann.
Neben der Erstellung des Handbuchs lag ein wichtiger Fokus auf Capacity Building in den tunesischen Produktionsstätten. Dort wurden je über 100 Mitarbeiter*innen in Schulungen zu Themen wie Arbeitsrecht und -schutz ausgebildet. Diese Schulungen trugen nicht nur zur Sensibilisierung der Belegschaft bei, sondern halfen auch, das Bewusstsein für die Bedeutung von Gleichberechtigung und faire Arbeitsbedingungen zu stärken.
Wichtige Projektmeilensteine
Im Rahmen des Projekts wurden mehrere wichtige Meilensteine erreicht, die den Erfolg und die Wirkung des Projekts unterstreichen:
- Umfangreiches Stakeholder Engagement vor Ort: Drei Reisen nach Tunesien ermöglichten einen direkten Austausch mit lokalen NGOs wie der FTDES und der Fair Wear Foundation sowie eine enge Zusammenarbeit mit HR-Managern in den Fabriken und der Auditorin. Dieser direkte Kontakt war entscheidend für das Vertrauen und die Zusammenarbeit mit den Produktionsstätten vor Ort.
- Capacity Training: In den tunesischen Fabriken wurden je über 100 Mitarbeiter*innen in verschiedenen Bereichen geschult, darunter Arbeitsrecht und die Bedeutung von Geschlechtergleichstellung. Diese Schulungen trugen maßgeblich dazu bei, dass die Mitarbeiter*innen ihre Rechte besser verstanden und das Bewusstsein für Diskriminierung und deren Bekämpfung gestärkt wurde.
- Übersetzungen und internationale Verbreitung: Der „Assessment and Action Guide“ wurde in über 10 Sprachen übersetzt und für die Textilbranche veröffentlicht. Dies macht den Guide für eine breite Zielgruppe weltweit zugänglich und ermöglicht es, das Thema der Geschlechtergleichstellung über nationale Grenzen hinweg anzusprechen.
- OECD-Forum: Auf dem OECD-Forum für den Sektor „Footwear and Garment“ konnte das Projekt in Zusammenarbeit mit der Ethical Trading Initiative einem internationalen Publikum vorgestellt werden. Das Video der Session ist öffentlich zugänglich und bietet wertvolle Einblicke in die Arbeit des Projekts.
- Zukunftsperspektiven: Im April fand eine offene Online-Session statt, in der das Projekt und der Guide umfassend vorgestellt wurden. Die Session bot eine Gelegenheit, praxisnahe Einblicke in die Anwendung des Guides zu erhalten und zu erfahren, wie er als Präventionsmaßnahme gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung eingesetzt werden kann. Die Session kann nun jederzeit on-demand online nachgeschaut werden: Online Sesstion PST Initiative Closing the Gender Data Gap Project Results
Lernprozesse und Erkenntnisse
Das Projekt hat nicht nur wertvolle Ergebnisse erzielt, sondern auch wichtige Erkenntnisse geliefert, die zukünftige Projekte und die Arbeit zur Förderung der Geschlechtergleichstellung beeinflussen werden:
- Zusammenarbeit auf Augenhöhe: Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass die enge Zusammenarbeit mit den Produktionsstätten und anderen Stakeholdern – insbesondere mit lokalen NGOs – das Engagement und die intrinsische Motivation aller Beteiligten erheblich steigert. Ein Beispiel dafür ist, dass eine Produktionsstätte aus eigenem Antrieb ein weiteres Capacity Training organisierte, um die Arbeitsbedingungen allgemein zu verbessern und Mitarbeiter*innen zu schulen.
- Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg: Ein weiteres Learning war, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit während des gesamten Projekts entscheidend waren. Gerade in einem politisch instabilen Umfeld wie dem in Tunesien und der arabischen Welt war es wichtig, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. Ein Beispiel dafür ist die kurzfristige Streichung des Capacity Trainings aufgrund politischer Unsicherheiten, das jedoch dank des Engagements vieler Beteiligter am Ende doch noch erfolgreich durchgeführt werden konnte.
- Die Bedeutung einer klaren Definition von Begriffen: Während der Entwicklung des Guides zeigte sich, dass allein die Fragen nicht ausreichten, um ein funktionales Handbuch zu schaffen. Ein besonders wichtiger Punkt war die Definition von Begriffen wie „Gender Data Gap“ und „Verbal Abuse“, die je nach kulturellem Kontext unterschiedlich aufgefasst werden können. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Stakeholdern konnte ein Konsens über die Begriffsdefinitionen erzielt werden, was den Guide für alle Beteiligten verständlicher und anwendbarer machte.
Ausblick
Die Bündnisinitiative „Gender Data Gap“ hat einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Geschlechtergleichstellung in der Textilindustrie geleistet. Der „Assessment and Action Guide“ stellt eine wichtige Ressource für Unternehmen und NGOs dar, um Diskriminierung zu messen und zu überwinden. So kann der Guide auch in Zukunft eine wertvolle Hilfe für die Industrie und für alle Stakeholder im Bereich der sozialen Verantwortung und Gleichstellung sein.
Das Projekt hat gezeigt, dass durch Zusammenarbeit, Flexibilität und praktische Lösungen auch komplexe Themen wie Geschlechterdiskriminierung messbar gemacht und nachhaltig bekämpft werden können. Die Ergebnisse werden über den Abschluss des Projekts hinaus weiter geteilt, mit dem Ziel, den Guide global weiter zu verbreiten, um die Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung in der Textilindustrie zu verbessern.
Möchten Sie mehr erfahren?
Auf der Website der Bündnisinitiative finden Sie nicht nur den vollständigen Assessment & Action Guide, sondern auch mehr Informationen zur Anwendung und Videos, die das Projekt erläutern: https://www.textilbuendnis.com/buendnisinitiative-gender-data-gap/